Letzten Montag habe ich den Fall eines Videothekenbetreibers als Anlass dafür genommen, meinen wöchentlichen Montagsplausch zu starten.
In einem Zeitungsartikel ging es darum, dass Videotheken mit Streaming Anbietern, wie Netflix oder Amazon nicht mithalten können und Filialen schließen müssen. In einem speziellen Fall klagte der Betreiber eine Videothekenkette über ungleiche Behandlungen und zu wenig Unterstützung seitens der Behörden und der Filmindustrie.
Dass er damit nicht ganz Unrecht hat, und dass gegen diese Streaming Riesen kein Blumentopf zu gewinnen ist, mag durchaus sein.
Es geht aber vielmehr darum, wie alles anfing, wie es aufhört und was dazwischen geschah.
Der Verleih von Filmen aus einem Bus heraus war für damalige Zeit völlig neu und innovativ. Es wuchs in knapp vier Jahrzehnten zu einem stabilen Geschäft mit 20 Filialen heran. Wenn es nun zu Filialschließungen kommt, sollte man auch eigene Entscheidungen Revue passieren lassen und Versäumnisse eingestehen können.
Netflix wurde 1997 gegründet und war erst mal nicht gerade für einen Innovationspreis nominiert. Man hat tatsächlich DVDs per Post versendet und auf Gebühren verzichtet, die bei verspäteten Rückgaben entstanden wären. Soweit eher ein Geschäftsmodell mit höheren Kosten und Risiko, als die Videothek unserer Vertrauens um die Ecke.
Statt 1998 ein Angebot von Amazon anzunehmen und zu verkaufen, probierte man ein Flatrate- Preismodell aus. Mit der Nutzung neuer Technologien und mit besserer Datenanalyse wurden dem Benutzer mit der Jahrtausendwende auf der Grundlage seines Fernsehverhaltens individuell auch Filme empfohlen.
Doch erst 2003, ein Jahr nach dem Börsengang schrieb man erstmalig schwarze Zahlen. Bis ins Jahr 2010 hat man immer noch DVDs versendet und stieg dann erst nach hohen Investitionen voll ins Streaming Modell ein. 2014 expandierte man nach Deutschland.
Lustigerweise läuft das Netflix Streaming mittlerweile fast komplett über Amazon Server (AWS, worüber Amazon seine größten Einnahmen generiert).
Spannendes Thema: Ständige Veränderung, enorme Dynamik.
Und genau darum geht es heute, um Dynamik und die Fähigkeit sich auf ändernden Märkten neu ausrichten zu können. Lassen wir mal dabei die Großen ruhig außen vor.
Mit der Videokassette hat es auch bei einem anderen kleinen Unternehmer aus der Region angefangen. In den 1980 er Jahren wurden Videokassetten aus der eigenen Wohnung heraus verliehen. Dazu kam die Vermittlung von Charterflügen für Türkeireisen. Was als Nebenbeschäftigung anfing, musste in ein Ladenlokal ziehen und etablierte sich als Reisebüro speziell für Türkeireisen.
Das Videogeschäft ging weiter, wurde aber immer mehr zu einem Nebenprodukt. Dann führte man ein Shuttle Service für die Fluggäste ein und fand sich irgendwann in zweiter Generation im Reisebürogeschäft wieder – mittendrin.
Doch auch auf dem Tourismussektor gab es immer mehr Mitstreiter und sinkende Gewinne. Es gab allerdings auch einen rasanten Anstieg in der Nachfrage nach Flügen. Statt weiterhin auf lokale Reiseanfragen zu reagieren, entschied man sich das Dienstleistungsangebot zu erweitern, um sich dem ändernden Lifestyle geschäftlich anzupassen.
Man begann Finanzierungen für Reiswünsche anzubieten und nahm die alten Mitstreiter als Partner mit ins Boot. Schon seit Jahrzehnten geht keine Videokassette mehr über die Ladentheke und kaum noch eine Reisebuchung. Der Fokus liegt allein auf Reisefinanzierung und dem Ausbau des Netzwerks an Reisbüros in ganz Deutschland.
Es funktioniert, mit kaum Personalaufwand, aus einem kleinen Büro heraus, mit geringen Fixkosten und stetig wachsendem Partnernetzwerk.
Es gibt also auch Happy Ends, wenn man bereit ist sich anzupassen.
Um es mit dem heutigen Wortlaut zu formulieren, hat man Leads mit Videokassetten Verleih generiert, erkannte schnell, dass die Zielgruppe auch günstige Flugreisen in die Heimat braucht und hatte ein Upsell Produkt. Über Jahre passte man sich der Zielgruppe an und formte damit sein Produkt, ohne den Fokus aus den Augen zu verlieren.
Bis zum nächsten Montagsplausch, bei dem es um Fokussierung gehen wird!!
Bildquelle: Shutterstock

Verfasst von:
Inanc Armitli
Inhaber AICO Networks